
Pflegekräfte leisten jeden Tag unglaubliche Arbeit – sie kümmern sich um das Wohl der Patient:innen, begleiten sie in schwierigen Momenten und stehen rund um die Uhr zur Verfügung. Doch während der Fokus immer auf den Bedürfnissen der anderen liegt, wird oft vergessen, wie wichtig es ist, auch auf sich selbst zu achten. Wie kannst du als Pflegekraft deine eigene Stimme finden und gesunde Grenzen setzen, ohne dich schlecht zu fühlen?
Es ist eine Herausforderung, die viele Pflegekräfte kennen: die ständige Balance zwischen Fürsorge für andere und der Fürsorge für sich selbst. Doch eines ist sicher: Das Setzen von Grenzen ist kein Zeichen von Schwäche, sondern ein Akt der Stärke und Selbstachtung. Nur wer auf sich selbst achtet, kann auch langfristig für andere da sein, ohne auszubrennen.
Warum Grenzen setzen so wichtig ist
Grenzen zu setzen bedeutet, sich selbst die Erlaubnis zu geben, auf die eigenen Bedürfnisse zu achten. Es geht nicht darum, weniger zu geben, sondern darum, sich selbst den Raum zu geben, den Körper und Geist zu regenerieren. In einem Beruf, der stark von Empathie und Hingabe geprägt ist, wird oft übersehen, dass auch Pflegekräfte Menschen mit eigenen Bedürfnissen sind.
Die Konsequenz, wenn wir keine klaren Grenzen setzen, ist oft eine schleichende Erschöpfung, die sowohl die physische als auch die emotionale Gesundheit betrifft. Wir verlieren den Kontakt zu dem, was wir eigentlich brauchen – und fangen an, uns selbst zu überfordern. Das Resultat? Mehr Stress, weniger Freude an der Arbeit und irgendwann das Gefühl, nicht mehr wirklich „in der Lage“ zu sein, für andere zu sorgen.
Die Herausforderung im Pflegealltag
Die Pflege ist ein Beruf, in dem es schwer fällt, „Nein“ zu sagen. Die Verantwortung, das Pflichtbewusstsein und der Wunsch, den Patient:innen immer das Beste zu bieten, treiben uns an. Doch all diese Werte können auch dazu führen, dass wir unsere eigenen Bedürfnisse zugunsten der Arbeit oder der Kolleg:innen ignorieren.
Es ist oft schwer, sich inmitten des hektischen Arbeitsalltags Zeit für sich selbst zu nehmen, vor allem, wenn der Druck von außen (oder auch von uns selbst) so groß ist. Wir fragen uns: „Kann ich mir eine Pause gönnen, wenn so viel zu tun ist?“ oder „Was werden meine Kolleg:innen denken, wenn ich mich jetzt zurückziehe?“ Doch die Wahrheit ist: Gesundheit ist keine Option, sondern eine Voraussetzung, um langfristig gute Arbeit leisten zu können. Ohne Pausen, ohne Grenzen, ohne Fürsorge für uns selbst verlieren wir unsere Energie – und damit auch die Fähigkeit, für andere zu sorgen.
Praktische Tipps, wie du deine Grenzen im Pflegealltag setzen kannst
👉 Achte auf deine eigenen Bedürfnisse
Der erste Schritt zu gesunden Grenzen ist, dir selbst die Erlaubnis zu geben, deine Bedürfnisse zu erkennen und anzuerkennen. In einem stressigen Arbeitsumfeld fällt das oft schwer, weil der Fokus ständig auf den Patient:innen liegt. Doch es ist wichtig, dass du auch auf deine eigenen körperlichen und emotionalen Signale achtest.
ℹ️ Tipp: Nimm dir bewusst Zeit für eine „Innenschau“. Wie fühlst du dich gerade? Bist du müde? Hattest du schon genug Bewegung oder brauchst du einen Moment der Ruhe? Diese kurzen Reflexionen helfen dir, deine Bedürfnisse schneller zu erkennen.
👉 Lerne, „Nein“ zu sagen
„Nein“ sagen ist keine Unfreundlichkeit, sondern ein klarer Ausdruck deiner eigenen Grenzen. Du kannst nicht alle Aufgaben übernehmen, nicht immer für alle da sein, ohne dich selbst zu verlieren. Das „Nein“ kann respektvoll und freundlich ausgesprochen werden, aber es muss klar sein.
ℹ️ Tipp: Übe, das „Nein“ in kleinen Situationen einzusetzen. Zunächst kannst du es bei kleinen Aufgaben ausprobieren, die dich überfordern. Sag zum Beispiel: „Ich kann das jetzt nicht übernehmen, aber ich kümmere mich gerne später darum.“ Oder: „Ich brauche jetzt eine Pause, um mich kurz zu erholen.“
👉 Setze klare, aber respektvolle Grenzen
Im Team ist es ebenso wichtig, die eigenen Grenzen zu kommunizieren. Deine Kolleg:innen sind vielleicht genauso gestresst wie du, und es ist wichtig, dass du klar sagst, wenn du eine Pause brauchst oder eine Aufgabe nicht übernehmen kannst. Respektvolle Kommunikation sorgt für Verständnis und entlastet dich und dein Team.
ℹ️ Tipp: Sprich offen über deine Grenzen. Zum Beispiel: „Ich bin gerade mit meiner Aufgabe an einem Punkt, an dem ich nicht mehr weiterkomme. Könntest du mir helfen?“ Auf diese Weise zeigst du Verantwortung und sorgst gleichzeitig dafür, dass du nicht überlastet wirst.
👉 Verstehe, dass Grenzen flexibel sind
Grenzen sind nicht starr, sie können sich je nach Situation anpassen. An einem Tag kannst du mehr leisten, an einem anderen weniger. Wichtig ist, dass du dynamisch mit deinen Grenzen umgehst und dir jederzeit die Erlaubnis gibst, die Bedürfnisse deines Körpers und Geistes zu respektieren.
ℹ️ Tipp: Erinnere dich daran, dass es in Ordnung ist, „gut genug“ zu sein. Es ist nicht immer notwendig, die Extrameile zu gehen, wenn du spürst, dass du erschöpft bist. Dein „Gut genug“ ist mehr als ausreichend.
👉 Verstehe, dass Pausen keine Luxusartikel sind
Pausen sind kein Luxus, sondern notwendig für deine geistige und körperliche Gesundheit. Auch wenn du dich von den Aufgaben überfordert fühlst, plane bewusst Pausen in deinen Tag ein. Schon 5–10 Minuten können einen großen Unterschied machen.
ℹ️ Tipp: Nimm dir regelmäßig Auszeiten, auch wenn es nur ein kurzer Spaziergang oder ein paar tiefe Atemzüge sind. Diese Mini-Pausen helfen dir, deine Energiereserven aufzuladen und deine geistige Klarheit zu bewahren.
👉 Suche dir Unterstützung
Das Setzen von Grenzen ist nicht immer einfach, und manchmal brauchst du Unterstützung. Egal, ob durch Gespräche mit Kolleg:innen, Supervision oder Coaching – es ist wichtig, dass du dir die Hilfe holst, die du verdienst. Du musst nicht alles alleine machen.
ℹ️ Tipp: Nutze unterstützende Ressourcen, um mit den Herausforderungen des Berufs besser umzugehen. Dies stärkt nicht nur deine Resilienz, sondern auch deine Fähigkeit, mit den Belastungen der Pflege langfristig umzugehen.
Die langfristige Wirkung des Grenzensetzens
Grenzen zu setzen hat nicht nur unmittelbare positive Auswirkungen auf dein Wohlbefinden, sondern hilft dir auch, langfristig gesünder und zufriedener im Pflegeberuf zu bleiben. Du wirst feststellen, dass du weniger schnell erschöpft bist, dass du mehr Energie hast und dass du weiterhin mit voller Hingabe und Empathie für deine Patient:innen da sein kannst, ohne dich selbst zu verlieren.

Fazit: Deine Stimme zählt – und deine Grenzen auch
Es ist an der Zeit, dass du deine Stimme hörbar machst und deine Grenzen respektierst. Du bist nicht nur Pflegekraft, sondern auch Mensch mit eigenen Bedürfnissen. Du kannst nur dann richtig für andere sorgen, wenn du auch für dich selbst sorgst. Du musst dich nicht für deine Bedürfnisse entschuldigen – du verdienst es, gehört und respektiert zu werden.
Grenzen sind kein Zeichen von Schwäche, sondern von Selbstrespekt. Sie schützen nicht nur deine Gesundheit, sondern ermöglichen es dir auch, weiterhin mit voller Energie und Empathie zu arbeiten. Denke daran: Du kannst nur dann für andere da sein, wenn du auch für dich selbst da bist. Also, fang noch heute an, auf deine eigene Stimme zu hören.