"Ich könnte das ja nie“ – 10 Sätze, die wir in der Pflege satt haben

Veröffentlicht am 20. Juni 2025 um 20:00

Pflege ist ein Beruf voller Nähe, Verantwortung, Kraft – aber auch voller Missverständnisse. Viele Sätze, die wir hören, sind gut gemeint. Doch manche davon treffen uns härter, als die Leute denken.

Wer in der Pflege arbeitet, hat ein dickes Fell. Muss er auch. Denn zwischen Körperpflege, Medikamentengabe, Krisengesprächen und der nächsten Doppelschicht hört man immer wieder dieselben Sätze – von Außenstehenden, Angehörigen, Ärzt*innen, ja sogar von Politik und Medien.

Manche Sätze sind harmlos. Manche tun weh. Und manche sind einfach nur respektlos. Zeit, dass wir sie einmal klar beantworten – aus unserer Sicht. Offen, ehrlich und ohne Filter.

1. „Pflege ist doch deine Berufung, oder?“

Ja, viele von uns sind mit Herz dabei. Aber Pflege ist kein Hobby – es ist ein Beruf. Mit Verantwortung, Fachwissen und massiver Belastung. „Berufung“ wird oft romantisiert – als ob uns ein inneres Feuer durchs Schichtchaos trägt.

💬 Was wir denken:

„Ich liebe, was ich tue. Aber ich will nicht daran kaputtgehen.“

2. „Ihr bekommt doch Schichtzuschläge!“

Als wäre Geld ein Ausgleich für gestörten Schlaf, zerrissene Wochenenden, verpasste Kindergeburtstage und soziale Isolation. Klar bekommen wir Zuschläge – aber was wir brauchen, ist Planbarkeit, Erholung und Wertschätzung.

💬 Was wir denken:

„Mein Biorhythmus lacht über deinen Nachtdienstzuschlag.“

3. „Du arbeitest nur Teilzeit?“

Nur? Viele von uns sind deshalb in Teilzeit, weil Vollzeit dauerhaft krank macht. 30 Stunden Pflege fühlen sich oft an wie 50. Wir reduzieren, um zu überleben – nicht weil wir zu faul für Vollzeit sind.

💬 Was wir denken:

„Ich arbeite 75 % – und mache trotzdem 100 % Verantwortung.“

4. „Ich könnte das ja nie!“

Ein Satz, den wir dauernd hören – und der selten hilft. Er macht uns nicht stolz, sondern oft einsam. Er grenzt ab: „Zum Glück bist du’s, nicht ich.“ Dabei bräuchten wir eher ein echtes: „Danke, dass du’s machst.“

💬 Was wir denken:

„Du musst es nicht können – du kannst es aber respektieren.“

5. „Ihr seid systemrelevant.“

Klingt gut. Ist es aber nur, wenn auch entsprechend gehandelt wird. Relevanz ohne Anerkennung ist wie ein leeres Versprechen. Die Pandemie hat uns ins Rampenlicht gezerrt – danach wurde’s wieder still.

💬 Was wir denken:

„Wir sind systemrelevant? Dann behandelt uns endlich so.“

6. „Ihr wascht und füttert doch nur, oder?“

Ein Klassiker unter den Vorurteilen. Für viele Außenstehende reduziert sich Pflege auf Waschlappen und Essenswagen. Doch Pflege ist weit mehr als Körperpflege und Nahrungsaufnahme. Wir überwachen Vitalzeichen, verabreichen Medikamente, erkennen stille Notfälle, dokumentieren akribisch und begleiten psychisch wie emotional – oft alles gleichzeitig.

💬 Was wir denken:

„Ich wasche nicht nur Körper – ich bewahre Menschen vor Komplikationen, die du nicht mal aussprechen kannst.“

7. „Du arbeitest im Heim? Das ist doch traurig…“

Warum? Weil alte Menschen dort leben? Oder sterben? Ja, es ist emotional. Aber auch unglaublich erfüllend. Wir lachen, weinen, begleiten – mit Würde. Altenpflege verdient Respekt, nicht Mitleid.

💬 Was wir denken:

„Traurig ist nur, wie wenig Anerkennung diese Arbeit bekommt.“

8. „Aber ihr habt doch einen sicheren Job.“

Sicherheit ist relativ. Sicher sind bei uns Überstunden, Einspringdienste und mentale Erschöpfung. Ein sicherer Job ist nichts wert, wenn man ihn nicht bis zur Rente durchhält.

💬 Was wir denken:

„Sicher ausbrennen – klingt nicht besonders erstrebenswert.“

9. „Früher war das auch nicht besser.“

Vielleicht. Aber das kann doch kein Argument sein, nichts zu verändern. Pflege soll kein Erbe des Stillstands sein – sondern ein Beruf mit Zukunft. Und der entsteht nicht durch Resignation.

💬 Was wir denken:

„Früher war vieles schlechter. Aber heute können wir’s besser machen – wenn man uns lässt.“

10. „Du wusstest doch, worauf du dich einlässt.“

Diesen Satz hören wir oft, wenn wir auf Missstände hinweisen. Aber ehrlich: Niemand weiß mit 18, wie sich der Pflegealltag über Jahre anfühlt. Und selbst wenn – Missstände zu kritisieren ist unser Recht. Und unsere Pflicht.

💬 Was wir denken:

„Ja, ich wusste, dass es hart wird. Aber nicht, dass man uns dabei alleinlässt.“

Fazit: Wir wollen nicht meckern – wir wollen gehört werden

Pflegekräfte sind nicht empfindlich. Wir arbeiten hart, tragen Verantwortung und machen oft mehr, als wir müssten. Aber wir haben ein Recht darauf, ernst genommen zu werden. Und das fängt bei der Sprache an.

Worte können stützen – oder verletzen.

Sie können klären – oder verharmlosen.

Sie können verändern – wenn man ihnen zuhört.

Also bitte: Hört uns zu. Redet mit uns – nicht über uns.

Pflege ist wichtig - und du bist es auch!